Kommunikation verbessern

Vor Kurzem war ich auf einer Fortbildung zum Thema “Gewaltfreie Kommunikation“.

Wer sich für soziale Prozesse und für eine friedliche Form der Konfliktregulierung interessiert, stößt früher oder später darauf.

Die “Gewaltfreie Kommunikation” beruht auf der Grundlage der Arbeit von Marshall Rosenberg und dem Center for Nonviolent Communication, www.cnvc.org.

Beeindruckt hat mich, dass es eine Sprache gibt, die eine Möglichkeit bietet, Konflikte so zu lösen, dass alle gehört und berücksichtigt werden.

Die gewaltfreie Kommunikation führt Menschen zu sich selbst und zu ihren eigenen Bedürfnissen und Gefühlen. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Empathie.

Gewaltfreie Kommunikation – was bedeutet das?

Gewaltfreie Kommunikation” bedeutet, unsere erfüllten und nicht erfüllten Bedürfnisse zu erkennen und Verantwortung für sie zu übernehmen.

Die “Gewaltfreie Kommunikation” ist frei von Verurteilung, Analyse und Schuldzuweisungen, also frei von “verbaler Gewalt”.

In der “Gewaltfreien Kommunikation” bin ich nicht verärgert, “weil du schon wieder zu spät kommst“, sondern “weil mir Pünktlichkeit wichtig ist, weil ich gerne meine Zeit selbst einteile“.

Fällt dir etwas auf an den beiden Sätzen? Welchen würdest du lieber hören?

Würde Jemand den ersten Satz sagen (“weil du schon wieder zu spät bist“) würden wir uns rechtfertigen wollen, vielleicht sogar angegriffen fühlen. Der zweite Satz klingt ganz anders. Da erkennt die Person ihre eigenen Bedürfnisse und äußert sie, anstatt uns dafür verantwortlich zu machen.

Wenn du andere kritisierst, bewertest oder beschuldigst, sagst du erstmal nur etwas über dich aus!

Kritisieren, Beschuldigen, Verurteilen, Verallgemeinern, Interpretieren – im Alltag sind wir oft schnell dabei, die Ursache für unsere Gefühle und Handlungen bei anderen zu suchen.

Die Anderen sind vielleicht Auslöser dafür, dass wir uns gut oder schlecht fühlen, aber nicht die Ursache. Die Ursache ist in uns selbst. Wie wir uns fühlen hängt damit zusammen, ob unsere Bedürfnisse erfüllt sind oder nicht.

Warum ICH – Botschaften Empathie wecken und DU – Botschaften verärgern

Sätze, in denen wir den Grund für unsere eigenen Gefühle bei anderen suchen, nennt man auch “DU-Botschaften”.

Meistens kommt in “DU” – Botschaften ein “DU” vor. Dann sind sie leicht zu erkennen:

Mir geht es schlecht, weil du so laut bist.

Nie machst du das Bad sauber!

Mir geht es schlecht, weil du mich immer unterbrichst!

Du machst mich wütend!

Durch DU – Botschaften fühlen wir uns kritisiert, denn sie greifen an und werten ab.

DU – Botschaften führen dazu, dass wir uns verteidigen wollen . “Ich unterbreche doch gar nicht, du weißt immer alles besser!” Schnell entsteht ein Schlagabtausch und der Konflikt eskaliert.

Sätze, in denen wir Verantwortung für uns und unsere Bedürfnisse übernehmen, nennt man auch “ICH-Botschaften”.

Mir geht es schlecht, weil mein Bedürfnis nach Ruhe nicht erfüllt ist.”

“Ich bin traurig, weil mein Bedürfnis nach Nähe nicht erfüllt ist.”

“Ich bin sauer, weil mein Bedürfnis nach Ordnung nicht erfüllt ist. Wenn es ordentlich ist, fühle ich mich zuhause wohler.”

Versteckte DU – Botschaften

Manchmal verstecken sich “DU”-Botschaften. Sie tarnen sich als ICH – Botschaften, sind es aber gar nicht.

Erst beim genaueren Hinhören fällt das auf.

Ich finde, dass du ganz schön unordentlich bist.

In dem Satz ist zwar ein “Ich” vorhanden, der Kern ist aber trotzdem:

Du bist ganz schön unordentlich.

Oder der Satz:

“Ich fühle mich übergangen.”

In dem Satz ist zwar kein “Du” vorhanden, doch beim genauen Hinhören merken wir, dass der Satz eigentlich heißt:

Ich fühle mich von dir übergangen.

“Übergangen” ist kein Gefühl! Stelle dir die Frage: Wie fühle ich mich, wenn ich übergangen werde? Dann entdeckst du die dahinterliegenden Gefühle: Ängstlich, ärgerlich, traurig,…..

Die “ICH” – Botschaft könnte dann heißen:

Ich bin traurig, da es mir wichtig ist, gehört zu werden.

In einer echten “ICH – Botschaft” kommt nie ein “DU” vor, auch kein “DICH” oder “DIR”.

Die vier Schritte der “Gewaltfreien Kommunikation”

Wie können wir die “Gewaltfreie Kommunikation” lernen?

Da nehmen wir uns noch so sehr vor, im Alltag anders zu kommunizieren und dann klappt es doch nicht so, wie wir es uns wünschen.

Damit wir etwas haben, woran wir uns orientieren können, gibt es 4 Schritte bzw 4 Fragen, die wir uns in Gesprächen immer mal wieder zwichendurch selbst stellen können:

1. Beobachtung

Was beobachte ich ohne zu bewerten?

Bei einer Beobachtung wird die Situation so beschrieben, als wenn sie ein neutraler Beobachter von außen gesehen hätte.

Bei einer Bewertung hingegen fließt die eigene Interpretation mit hinein. Eine Interpretation ist immer eine Deutung, in der wir unsere eigenen Vorerfahrungen auf die neue Situation beziehen. Da jeder Mensch andere Vorerfahrungen hat, interpretiert jeder eine Situation anders. Das kann zu Missverständnissen führen.

Es wichtig, eine Situation so neutral wie möglich zu beschreiben.

Beobachte die Situation ohne sie zu bewerten!

2. Gefühl

Wie geht es mir, was nehme ich wahr, wie fühle ich mich?

Unsere Gefühle weisen auf erfüllte oder unerfüllte Bedürfnisse hin.

Sind Bedürfnisse erfüllt, fühlen wir uns z.B. lebendig, zufrieden, erfreut, glücklich, satt, begeistert, energisch, entspannt, usw.

Sind sie nicht erfüllt, fühlen wir uns z.B. ägerlich, ängstlich, schüchtern, unwohl, unzufrieden, verletzt, enttäuscht, einsam, ermüdet, usw.

3. Bedürfnis

Was brauche ich, um mich besser zu fühlen?

Welche Bedürfnisse sind nicht erfüllt, welche sind erfüllt?

Bedürfnisse können z.B. körperliche Grundbedürfnisse wie Hunger oder Durst sein, sie können Bedürfnisse nach Sicherheit sein, nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe, nach Zuwendung, Anerkennung, nach Ruhe, nach Kommunikation oder nach Selbstverwirklichung.

Es gibt zahlreiche verschiedene Bedürfnisse, die jeder Mensch in unterschiedlicher Ausprägung hat.

Die Erfüllung unserer Bedürfnisse sind frei von Zeit, Ort oder anderen Personen. Sie sollten nicht auf Kosten anderer erfüllt werden.

4. Bitte

Je klarer du äußerst, was zu brauchst, umso eher kann es erfüllt werden. Eine Bitte sollte so konkret wie möglich sein, erfüllbar sein und positiv formuliert sein.

Eine Bitte ist dann eine Bitte, wenn die Antwort auch ein NEIN sein kann.

Probieren wir die vier Schritte an einem kleinen Beispiel aus:

Ein Dialog im Kinderzimmer

Das Kinderzimmer versinkt im Chaos und du würdest am liebsten rufen:

Immer lässt du alles rumliegen, du bist total unordentlich und schlampig, räum sofort dein Zimmer auf!?

Was passiert? Der andere fühlt sich angegriffen und versucht sich zu rechtfertigen:

Es ist doch gar nicht unordentlich. Immer nervst du so mit deinem Ordnungswahn! Ich mache gar nichts!

Schnell gehen kräftezehrende Dialoge hin und her und es kommt zu Streit. Am Ende sieht das Zimmer genauso aus wie vorher und alle Beteiligten sind frustriert, verärgert und kein Stückchen weiter gekommen.

Gehen wir einmal die vier Schritte durch.

1. Beobachtung:

Du fragst dich als Erstes: Wie kann ich die Situation ganz neutral beschreiben? Je neutraler und genauer du beschreibst was du siehst, umso klarer bist du in der Aussage.

Verzichte auf Bewertungen (unordentlich, chaotisch, schlampig) und verzichte auf Verallgemeinerungen (immer, nie, ständig). Interpretiere nicht (du willst du nur Aufmerksamkeit, du machst das nur, um mich zu ärgern, usw.).

Ein neutral formulierter Satz könnte so lauten:

Im Kinderzimmer liegen Socken auf dem Boden zwischen den Legosteinen. Außerdem liegt ein Stück Pizza unter dem Stuhl“.

2. Gefühl:

Du fragst dich: Wie geht es mir damit, welches Gefühl löst das aus?

Ich bin ärgerlich.”

3. Bedürfnis:

Welches Bedürfnis ist nicht erfüllt? Warum möchtest du, dass es ordentlich ist? Das kann z.B. das Bedürfnis nach Entspannung sein:

“Mir ist Ordnung sehr wichtig. Heute hatte ich einen anstrengenden Tag. Wenn es ordentlicher ist, kann ich mich zuhause besser entspannen und ich fühle mich dann wohler.

Es kann auch das Bedürfnis nach Sicherheit sein:

“Mir ist Ordnung wichtig, damit ich mich in der Wohnung gut bewegen kann. Letztens bin ich über eine Sache gestolpert, die auf dem Boden lag. Wenn der Boden frei ist, kann ich sicherer durch die Wohnung gehen.”

4.Bitte:

Als Nächstes formulierst du eine Bitte.

Würdest du bitte den Boden freiräumen?” oder noch konkreter: “Würdest du bitte die Socken aufheben und das Stück Pizza in den Mülleimer schmeißen?

Eine Bitte ist immer freiwillig. Je genauer und machbarer sie formuliert ist, desto eher kann sie erfüllt werden. Sie kann auch abgelehnt werden und auch das sollte in Ordnung sein!

Denn manchmal kollidieren Bedürfnisse miteinander. Das Kind möchte vielleicht vorher noch zuende spielen. Oder es kommt gerade aus dem Kindergarten oder aus der Schule und braucht selbst erst einmal Ruhe.

Wenn auf die Bitte ein “Nein” folgt, gibt es vielleicht noch eine andere Möglichkeit, um das Bedürfnis zu erfüllen. Z.B.:

Würdest du den Boden freiräumen, wenn ich mithelfe?

“Würdest du mir später helfen, wenn du dich etwas ausgeruht hast?”

Auch wenn eine Bitte momentan nicht erfüllt werden kann, gibt es vielleicht noch eine andere Möglichkeit, das dahinter stehende Bedürfnis zu erfüllen.

Gibt es auch eine Möglichkeit, wie du es dir selbst erfüllen kannst?

Verbesserte Kommunikation in der musikalischen Arbeit mit Kindern?

Während der Fortbildung kam mir dieser Gedanke: Die Art, wie mir miteinander sprechen, bestimmt auch die Art, wie wir musikalisches Erleben in Gruppen fördern oder auch blockieren können.

Oft wird “bewertet”, ob etwas “richtig” oder “falsch” gespielt wurde, es wird analysiert, interpretiert, beurteilt. Das kennt Jede/r: Wer bewertet, beurteilt oder kritisiert wird, fühlt sich schlecht und verschließt sich.

Ist die Athmosphäre offen, wohlwollend und einladend, kann ein kreativer Raum entstehen, in dem wir uns ausprobieren können.

Gerade Kinder sind noch unbefangen. Sie kennen musikalische Elemente “offiziell” noch nicht, sondern merken intuitiv, ob Klänge zusammen passen oder nicht. Sie äußern ganz frei, ob ein Klang ihnen gefällt oder nicht gefällt.

Teilen wir die Beobachtungen möglichst neutral und ohne Bewertungen mit, läd das ein zu weiterem spielerischem Ausprobieren.

Sowohl für Lob als auch für Kritik gilt: Beides sind Wertungen. Lob wird oft dafür genutzt, um andere zu etwas zu bringen. Dann wirkt Lob manipulativ. Schon Kinder merken das, wenn Wertschätzung mit einer Erwartung verbunden ist. Ein Lob ist dann nicht auf Augenhöhe.

Ein offener Raum entsteht aber ohne Wertung.

Anstatt zu loben kannst du beschreiben, was dich an einer Handlung der anderen Person bereichert hat. Du kannst beschreiben, warum dir etwas besonders gefallen hat und warum du das schätzt.

Kommunikation im Alltag verbessern

Es sind kleine Unterschiede in der Sprache, die aber viel ausmachen.

Vielleicht gelingt es dir ja, den ein oder anderen kleinen Schritt in Richtung “Gewaltfreier Kommunikation” im Alltag zu gehen.

Vielleicht erinnerst du dich beim nächsten Streit daran, mal nachzudenken, was in dem Moment in dir vorgeht, bevor du den Grund bei der anderen Person suchst.

Vielleicht hältst du beim nächsten Streit einmal inne, bevor ein Wort das andere ergibt.

Und fragst dich, welches Bedürfnis gerade nicht erfüllt ist und wie du das kommunizieren kannst. Oder du fragst die andere Person, welches Bedürfnis bei ihr gerade nicht erfüllt ist.

Es sind manchmal nur kleine Änderungen, aber die führen zu einer veränderten Reaktion und die führt wieder zu einer Veränderung.

So entstehen neue Wege!


Eine weiterführende Lektüre zur “gewaltfreien Kommunikation” gibt es hier (link zu Amazon)* “Gewaltfreie Kommunikation – Eine Sprache des Lebens”:

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